Neue Lösungswege finden, nachhaltig Ressourcen nützen - mit Kreativität und handwerklichem Geschick entstehen aus Verpackungen der Wegwerfgesellschaft neue, individuelle Gebrauchsgegenstände oder Kunstobjekte. Im Rahmen des geförderten Jahresprojektes setzen wir bekannte Anleitungen um, wie die Geldbörse aus dem Milchpackerl und kreieren Schritt für Schritt immer mehr eigene Projekte selbst.
Der laufende Betrieb der Upcycling Werkstatt erfordert Material: "Müll" wie leere Konservendosen, Tetrapaks, Altkleidung, Plastikflaschen und Behälter aller Art.
Bestenfalls wird dieser Abfall im Haushalt getrennt und in den richtigen Recycling-Containern entsorgt. Allerbesten Falls entwickeln die Lernenden ein Bewusstsein für den Wert dieser Rohstoffe und die Brauchbarkeit dieses Materials aus der Lebenswelt für die schulische Werkstatt, in der sie es upcyceln=aufwerten zu einem besonderen Werkstück machen. Der natürliche Kreislauf aller Rohstoffe der Erde erfährt im Kleinen zumindest eine Verlängerung: die Plastikflaschen, die zu Federpennalen verarbeitet werden, treiben noch nicht im Meer...
Ziel der Upcycling-Werkstatt ist also, den automatisch antrainierten Ekel vor einer Zweitnutzung von "Abfall" abzubauen, die Ästhetik der Rohstoffe kennen zu lernen und vor allem deren Brauchbarkeit und kreatives Potential zu entdecken.
Das Umschalten vom Begriffsschema "Abfall" zur Erkenntnis "Ich kann noch etwas machen draus!" eröffnet gedankliche Flexibilität, Querdenken und Lösungsorientierung. Die Kompetenz des Findens neuer Lösungswege für bestehende Probleme ist das Metaziel des Projekts, die Förderung von Phantasie und Ich-Stärkung am Weg zu Verantwortlichkeit und Mündigkeit.
Umsetzung / Ablauf
Das Projekt Upcycling-Werkstatt nts 4 findet während des Schuljahres 2017/2018 im Rahmen des technischen und textilen Werkunterrichts sowie des Fachs Kreativ Gestalten, teilweise auch in BE und im Rahmen der gelenkten Freizeit in der Ganztagsschule mit den Klassen 1a, 1b, 1c, 2a, 2b der Ganztagsschule NMS Schäffergasse statt.
Eine Förderung des Forums Umweltbildung (BMLFUW, BMB) ermöglichte die Anschaffung spezieller Werkzeuge und zusätzlicher Materialien.
Geplant ist im 2. Semester auch ein Fächerübergriff mit Physik und Chemie (3., 4.e Klassen).
Das Startritual erfolgte Anfang September in unserer frisch renovierten Schule mit einer "Upcycling-Aktion" für die alte graue Sportplatzmauer, die von den Lernenden bunt bemalt wurde.
Das erste Projekt "Neues Kleid für Konserven- und Plastikdosen" mit Luftmaschenketten aus Wollresten ergab originelle Stifthalter und Dosen.
Geldbörsen aus Milchpackerln wurden als Nächstes geschnitten und gefaltet, mit dem originalen Drehverschluss zum Auf- und Zumachen.
Dann durchlöcherten und verzierten die Lernenden Katzenfutter- und Konservendosen, um aparte Windlichter und Duftlampen herzustellen.
Unsere Windlichter brachten uns auf die Idee, als Nächstes Christbaumschmuck zu machen, indem wir Streifen aus PET-Flaschen schnitten und diese über die Kerzenflamme hielten, bis sich die Streifen spiralig verdrehen ließen. Mit dem Lötkolben entstanden auch Blüten, mit der Heißklebepistole der Vasenengel.
Wir entdeckten am Schluss, dass wir die ausgebrannten Teelichter in BE noch gut als Mischnäpfe für den Farbkreis von Itten brauchen konnten.
In BE druckten wir auch mit der Innenseite von Fruchtsaftpackerln im Tiefdruckverfahren Liniengrafiken.
Derzeit arbeiten wir an Architekturmodellen aus Recycling-Verpackungen.
Als Nächstes wollen die Kinder Plastik und Metallfolie vernähen.
Im geplanten Fächerübergriff mit Chemie werden wir Lippenbalsam herstellen und in kleine Dosen aus Flaschen- Schraubverschlüssen füllen. Und als Nächstes hat schon wieder jemand eine Idee...
Learnings
Das Projekt ist auf ein ganzes Schuljahr angelegt, um schrittweise und nachhaltige Entwicklung der Kompetenzen und Ideen zu ermöglichen. Vorgegebene Anleitungen sollen schließlich zu eigenen Kreationen führen.
Anfangs ekelten sich manche Kinder vor dem „Abfall“, auch von mir in einem Karton gesammeltes Recyclingmaterial wurde von Kollegen vorsorglich mit der Aufschrift „Müll“ betitelt. Wer also mit Upcycling experimentieren möchte, muss zuerst wohl als armer Müllmensch den Abfall der Wegwerfgesellschaft in die Hand nehmen.
Der Zauber beginnt, wenn die Rohstoffe blitzblank gereinigt sind und ihre Qualitäten entdeckt werden können: Tetrapak ist stabil und biegbar zugleich, wasserfest und die Plastik- Schraubverschlüsse können integriert werden (Geldbörse) oder extra verwendet (Lippenbalsambehälter).
Weniger Kinder als erhofft brachten tatsächlich Material von daheim mit in den Unterricht – erstaunlich war aber die Erkenntnis, dass ich mit meinem 5‑köpfigen Haushalt problemlos auch alle anderen Lernenden mit Material versorgen konnte (!!!). Ich glaube, dass die Kinder daheim bis auf bestenfalls die Hausaufgaben nicht mehr viel an die Schule denken. Umso wichtiger finde ich die lange Laufzeit des Projekts, damit die gedankliche Brücke zwischen Schul- und Lebenswelt gebaut werden kann. Nach und nach kann so, wenn es noch fehlt, das Bewusstsein für Recycling/Upcycling, Nachhaltigkeit und kreative Lösungswege bilden.
Mittlerweile sind wirklich alle Lernenden begeistert von den Materialien, die kompakten Stücke können verändert oder zusammengesetzt werden, und regen ihre Phantasie und haptischen Fertigkeiten an.
Das Metaziel des Generierens eigener Ideen für Upcyclinggegenstände und ‑kunst liegt im zweiten Semester schon nahe…
Ergebnis / Weiterentwicklung
Das Jahresprojekt garantiert den laufenden Werkstättenbetrieb und die progressive Entwicklung. Eine abschließende Ausstellung zu Schuljahresende ist geplant.
Teilnehmer_innen
bisher alle Schüler_innen der Klassen 1a, 1b, 1c, 2a, 2b Sponsor: Forum Umweltbildung BMLFUW, BMB www.umweltbildung.at
Vorstellung Projektleiter_innen
Andrea Steunzer
Schulfächer DE, BE, Werken, Kreativ Gestalten